Der bj-besuch trotz bedenken

Wie so oft surfte ich nachts durch das Netz. Ich gab bei Google "jung und schwul" ein. So traf ich das erste Mal auf die BJ-Seite. Ich dachte mir, man kann es sich ja mal anschauen. Den ganzen nächsten Tag ging mir die Internetseite nicht mehr aus dem Kopf. Ich beschloss, mich im Forum anzumelden. Damit war der erste Schritt getan.

 

So mit zwölf Jahren merkte ich, dass ich nicht nur auf Mädchen stehe, sondern auch auf Jungs! Ich dachte nicht wirklich darüber nach, sondern verdrängte es eher. Mit dreizehn hatte ich dann eine Freundin. Mit der konnte ich aber nicht wirklich etwas anfangen. ich dachte "Dann bist du halt bi". Mit 16 merkte ich, dass ich gar kein Interesse mehr an Mädchen hatte. Eine Weile später gestand ich mir dann ein: "Ja, du bist schwul". Dies war aber leider ein sehr schwieriger Prozess, da mich das manchmal echt fertig gemacht hat. Ich kam mir vor, als wäre ich alleine auf der Welt. Ich konnte niemandem meine Sorgen und Bedenken äußern. Das tat mir am meisten weh. Aber je mehr ich es akzeptierte, desto besser kam ich damit klar. Nach außen hin bin und war ich immer der normale Heterosexuelle, ließ mir nichts anmerken, war stark, und wenn jemand mal fragte was wäre, sagte ich, dass die Schule scheiße gewesen ist. 

 

Ich dachte zwar viel über meine Homosexualität nach, und mit 17 hatte ich mir Gedanken gemacht, wie ich Kontakt zu anderen aufbauen könnte, schob das aber immer so vor mir her. Mit 18 stieß ich dann auf die Internetseite der BJ. Einen Tag später meldete ich mich dann im Forum an. Ich stellte mich vor und habe geschrieben, dass ich Interesse hätte, andere Homos in meinem Alter kennen zu lernen. Ich dachte mir: "Schreibt eh keiner zurück". Aber da hatte ich mich getäuscht. Direkt am nächsten Tag hatte ich zwei Antworten. Tom und Ben machten mir Mut, dass ich mal kommen sollte. Ich fand das gar nicht mehr so abwegig, dort vorbei zu schauen. Ich hatte trotzdem noch einige Bedenken und malte mir einige Szenarien aus, wie schlimm wohl der Besuch sein wird. Sie schrieben mir, dass es ihnen genauso ergangen ist, wie mir. Außerdem boten sie mir an, dass man sich vorher in der Stadt an einem neutralen Ort treffen könnte. Nach den tollen Gesprächen mit den Beiden beschloss ich, es zu wagen!!! 

 

Nun war der besagte Tag! Ich schaute den ganzen Tag bei der Arbeit auf die Uhr und war sehr nervös. Ich kam nach Hause und wollte los fahren. Da fragten meine Eltern, wohin ich wollte. Ich sagte zu einem guten Freund. So um zwanzig Uhr kam ich dann im AZ an. Ich ging als erstes dran vorbei, um die Lage zu checken. Dann blieb ich stehen und dachte mir: "Jetzt oder nie." Ich dachte einfach, dass sind auch Schwule in deinem Alter. Wenn die dich nicht verstehen, wer dann? Ich machte die Tür auf und wurde herzlich empfangen. Ich sagte, dass ich im Vorfeld mit Ben und Tom gesprochen hatte. Ich setzte mich und verbrachte einen ziemlich lustigen Abend. Vor mir saß ein bunt gemischtes Völkchen. Der Eine etwas älter, der Andere jünger, ein wieder anderer etwas tuntiger und bei einem ganz anderen würde man denken, dass er hetero ist, wenn man ihm so begegnen würde. 

 

Mein Fazit von diesem Tag ist, dass ich sehr froh bin, dass ich dort hin gegangen bin, weil es einfach gut tut, sich nicht verstellen zu müssen (wenn man nicht geoutet ist). Man kann sich einfach super unterhalten. Irgendeiner hat immer ein Ohr offen. Egal um was es geht. Oder wenn du mehr über die Szene in der Umgebung wissen willst - es wird dich auf jeden Fall weiter bringen.

 

© by Daniel

 

 

TTS: Text to speech

Die Stimme wurde gesponsert von CereProc.